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Digitale Vorreiter in der Energiewirtschaft

Wir schreiben das Jahr 1978. Unendlich weit weg von der digitalen Revolution. Magnetkartenanlagen speichern Kundendaten, raumfüllende Maschinen schreiben die Verbrauchsabrechnungen, ein Rechnungsdurchlauf dauerte das ganze Wochenende. Bei aller Romantik, war das der Weg, der zur heutigen computergestützten Datenverarbeitung geführt hat. Fachwissen, Problemlösungskompetenz und Herzblut prallten Ende der 1970er Jahre aufeinander. Was daraus wurde hat bis heute Bestand: Die langjährige Vertriebspartnerschaft der Stadtwerke Rotenburg mit dem Softwaredienstleister in der Energiewirtschaft, der heutigen IVU Informationssysteme für Versorgungsunternehmen aus Norderstedt. Dahinter stecken zwei, die bis heute der Energiewirtschaft verbunden sind: Wolfgang Stöckmann, Vertrieb bei den Stadtwerken Rotenburg und Reinhard Stenzel, Geschäftsführer und Gründer der IVU. Beide sind trotz 70plus noch aktiv in der Arbeit verwurzelt. Auch die nächste Generation ist mit Leidenschaft in dieser Branche tätig: Volker Meyer, Geschäftsführer der Stadtwerke Rotenburg und Julian Stenzel, Geschäftsführer IVU.

Doch von Anfang an: Wie kam es zur Zusammenarbeit? Bereits bei dem heute noch bestehenden Konzern NCR arbeiteten Stöckmann und Stenzel sen. zusammen. SRler Wolfgang Stöckmann war in den Anfangsjahren Vor-Denker und Mit-Entwickler. Im Vertrieb beruflich beheimatet, kannte er die Anforderungen an moderne Software für die Kundendatenverwaltung genau und hat vieles mitentwickelt, was die NCR später in den Standard aufgenommen hat. Reinhard Stenzel hatte den Bereich Energiewirtschaft bei NCR mit dem Ziel nach mehr Professionalität und Profitabilität aus der Taufe gehoben. Im Jahr 1980 kam es zur Gründung der VU-ARGE (= Arbeitsgemeinschaft der Versorgungsunternehmen) durch sechs Stadtwerke, darunter auch den Stadtwerken Rotenburg.

„Als NCR 1992 beschloss, ganz auf Hardware zu setzen und vom großen Telekommunikationskonzern AT & T übernommen wurde, kam für mich der Zeitpunkt, auszusteigen und es selbst in die Hand zu nehmen“, erinnert sich Reinhard Stenzel. „Ich wollte dem Konzern zeigen, dass wir es besser können.“ So gründete er die IVE GmbH (später IVU GmbH), die den Vertrieb, die Entwicklung und den Service für die eigene Abrechnungs- und ERP-Lösung übernahm. Für die Stadtwerke war es wichtig, dass die Softwareprogramme weiter betreut werden. Wolfgang Stöckmann: „Ohne die IVU hätten wir damals eine Vollbremsung hingelegt.“ Bei der Abspaltung von Stenzel von der NCR blieben alle Stadtwerke als Kunden erhalten, „eine starke Basis“, so Stenzel. Herausfordernd ist der Energiesektor damals wie heute. Ende der 90er Jahre standen der Jahrtausendwechsel, die Euroeinführung und die Liberalisierung an. Es bestanden, wie sich herausstellte unbegründete Ängste, dass die Software danach nicht mehr funktioniert. Volker Meyer zieht eine Parallele zu heute: „Vorher weiß man nie, wie sich alles entwickelt. Damals die Unsicherheit in der IT-Branche zur Jahrtausendwende. Für uns gilt gerade die Unsicherheit in der Erdgasbeschaffung.“ Aber, alles spielt sich wieder ein.

Die Zusammenarbeit mit der IVU hatte viele Vorteile. Stadtwerke diskutierten in ihren VU-ARGE-Sitzungen Software-Anforderungen, die für alle gelten, die alle gleichermaßen nutzen. Die Anwender, die Stadtwerke und die IVU haben mit ihren fast 80 Mitgliedern aus der VU-ARGE alle Entscheidungen gemeinsam getroffen. „Wir haben uns stets geeinigt auf ein gemeinsames Modul, nur so war die Softwareentwicklung wirtschaftlich. Kosten konnten geteilt werden“, erklärt Stöckmann diese, wie er betont, in Deutschland einmalige Form der gegenseitigen Hilfe. Die IVU hatte als Ansprechpartner die Arbeitsgemeinschaft, und nicht jedes Stadtwerk einzeln. Das hat Prozesse effizient gemacht.

Aktuell arbeitet die IVU mit 120 Stadtwerken bundesweit zusammen. „Von Mittenwald bis Usedom haben wir Einblick in eine große Region der Stadtwerke“, so Julian Stenzel. Dabei ist das Portfolio der IVU mit den Herausforderungen der Branche enorm gewachsen.  Julian Stenzel: „Inzwischen entwickeln wir uns gemeinsam mit der Wilken Software Group, unserem festen Partner für die Softwareentwicklung, mit dem ganzen Bereich Smart Meter und Energiedatenmanagement hin zu automatisierten Datenprozessen und Beschaffungssystemen, weg von reiner Energiedienstleistung.“ Darunter fallen Plattformmodule für die Online-SelfServices, das Kundenportal, das es auch bei den Stadtwerken Rotenburg zur Selbstverwaltung der eigenen Energieverbräuche und Daten gibt, oder die Kachel zur Abschlagsanpassung. „Ein großes Feld ist die Datensicherheit“, weiß Julian Stenzel. In den letzten Jahren hat die IVU stark in diesem Bereich investiert. „Nicht alles klappt von Anfang an, das muss man auch sagen. Eine für das gesamte Team nachvollziehbare Abrechnungssoftware hat viele Jahre Entwicklungszeit in Anspruch genommen, bis sie lief“, räumt Reinhard Stenzel ein.

Dass gute Zusammenarbeit kein Selbstgänger ist, darauf weisen die Norderstedter hin. Regelmäßig finden Neuausschreibungen für die Dienstleistungs- und Softwareangebote statt. Manche Projekte sind besonders herausfordernd. Vieles läuft jedoch einfach gut, insbesondere bei der Standardisierung von Prozessen, individualisierte Abrechnungen etwa, eine klare Stärke der IVU. „Wir leben davon, frühzeitig mit einbezogen zu werden, wenn Anpassungen und Neuentwicklungen gefordert sind. Das gilt etwa für künftige variable Tarife bei den Kundenverträgen. Wir haben uns von einem IT-Systemhaus mit energiewirtschaftlichem Schwerpunkt hin zu einem energiewirtschaftlichen Berater mit IT-Schwerpunkt entwickelt“, klärt Julian Stenzel das Selbstverständnis der IVU, wie sie heute dasteht, auf. Die energiewirtschaftlichen Themen wie Energiedatenmanagement, automatisierte Abrechnungsprozesse, Beschaffung und Börsenpreisprognose müssen verstanden werden, um Stadtwerken gut Hilfestellung geben zu können.

Von einem der ersten Kunden der IVU bis heute zur Energiepreisbremse - die Kooperation von IVU und Stadtwerke Rotenburg zieht sich wie ein roter Faden durch die Firmenbeziehung. Diese Treue spiegeln die Stadtwerke Rotenburg auch nach außen, zur Stadt Rotenburg und Visselhövede, zu all ihren Kundinnen und Kunden und Geschäftspartnern – eine stets verlässliche Partnerschaft. „Wir werden weiter zusammenarbeiten, auch bei unserer App „Mein ROW“, für die die „IVU One App“ auf Anbindung wartet“, sagt Volker Meyer. Hier sollen künftig Push-Nachrichten generiert werden können wie etwa „Ihr Verbrauch hat sich um 20 Prozent gesteigert“, damit jede und jeder selbst Kontrolle über das eigene Nutzungsverhalten behält.

Text und Fotos: Britta Riebesehl

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